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Krieg ist der Vater aller Dinge?

 

Gerade in diesen Zeiten wird der Satz häufig fallen oder er fällt einem bei wieder neuen Nachrichten vom Schlächter von Moskau ein. Ja, wovon ist er denn nun wirklich der Vater? Sicher, unsere heutige Weltordnung ist wesentlich das Ergebnis von Kriegen und auch die zukünftigen werden es sein. Auch viele technische Entwicklungen sind der kriegsvorbereitenden Forschung „zu verdanken“. Aber hat der Autor, dem diese Bemerkung zugeordnet wird, das denn so gemeint?

 

Nun ist zunächst zu bemerken, dass von Heraklit (etwa von 520 v. Chr. bis 460 v. Chr.) quasi nichts direkt überliefert ist. Noch nicht einmal sein Leben ist hinreichend bekannt. Seine Existenz kann aber als gesichert angenommen werden, da er von vielen antiken Autoren zitiert wird. Sein mögliches Hauptwerk, „Über die Natur“ etwa aus dem Jahr 478 v. Chr., ist ebenfalls nur in Zitaten und durch Bezüge und nur in kleinen Fragmenten bekannt. „Die Fragmente beziehen sich, oft in poetischer Ausdrucksweise, auf Erscheinungen der natürlichen Umwelt wie Sonne, Erde und Luft oder auf Aspekte der Zeit wie Tag und Nacht, Morgen und Abend; sie erläutern philosophische Gedanken anhand von Naturvorgängen (Flussfragmente), Verhaltensmustern von Tieren oder menschlichen Tätigkeiten. Heraklits Sprache ist zugleich voller Aphorismen, Paradoxien und Wortspiele, welche seine Textstücke verdichten und ihre Ergründung erschweren, sodass ihm bereits in der Antike der Beiname „der Dunkle“ verliehen wurde. Zudem bedient sich Heraklit einer Sprache, die je nach individueller Lesart vielschichtig gedeutet werden kann. Die Dunkelheit der Sprache Heraklits ist die Folge einer für ihn „charakteristischen doppelbödigen Ausdrucksweise […], die der Doppelbödigkeit seiner Gleichnisse entspricht.“ (Wikipedia unter Bezug auf Diogenes Laertios, Cicero und Charles H. Kahn) Wie kann dann sicher sein, dass Heraklit mit „Krieg“ auch „Krieg“ gemeint hat?

 

 

Das vollständige Zitat kann übrigens wie folgt übersetzt werden:„Krieg ist Vater von allen, König von allen. Die einen macht er zu Göttern, die anderen zu Menschen, die einen zu Sklaven, die anderen zu Freien.“

 

 

Zieht man noch den folgenden Spruch hinzu: „Gott ist Tag Nacht, Winter Sommer, Krieg Frieden, Überfluss und Hunger. Er wandelt sich aber wie eine Substanz, die, wenn sie mit Duftstoffen vermengt wird, nach dem jeweiligen Duft benannt wird.“, könnte man auf die Idee kommen, dass es beim Heraklit’schen Krieg eher um den „Kampf“ zwischen Gegensatzpaaren im göttlichen Wesen handelt, oder um die ständige Auseinandersetzung zwischen unterschiedlichen Polen oder Positionen. Ganz sicher hat er nicht die prosaisch-weltlich-materielle Ausprägung von „Krieg“ gemeint. Heraklit hat im Übrigen der Welt viele wesentliche Einsichten geschenkt, meine Lieblingseinsicht ist, dass man nicht zweimal in den selben Fluss steigen kann.

 

 

 

PS: Warum ausgerechnet Holzwolle-Leichtbauplatten Heraklith heißen, ist zumindest komisch. Angeblich kommt der Name von Herakles+lithos (altgriechisch ‚Stein‘). Etwas philosophisches ist auf jeden Fall nicht an dem Material.

 

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