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Rumänische Gedichte II

 

 

Noch bevor der erste Band fertig war, fiel auf, dass die Dichterinnen gar nicht repräsentiert sind. Dabei waren es sicher auch sie, die zur anhaltend großen Popularität der Dichtkunst beigetragen haben, bzw. aktuell beitragen. Ich denke da vor allem an die dichtende Königin Carmen Sylva, bzw. Elisabeth Pauline Ottilie Luise zu Wied, die als erste rumänische Königin über 50 schriftstellerische Werke veröffentlicht hat. Ihre Kammerzofe und Biografin Mite Kemmnitz, geb. Marie Charlotte von Bardeleben, hat nicht nur mit ihr gemeinsam Theaterstücke, Märchen und Romane verfasst (die sie unter dem Pseudonym Dito und Idem geschrieben hatten), sondern war auch Übersetzerin rumänischer Schriftsteller, allen voran Mihai Eminescu. Ihre Übersetzung des Luceafarul (siehe Bd. 1) ist bis heute maßstabsetzend. Anders herum haben auch rumänische Schriftststeller wie George Coşbuc Werke von Carmen Sylva ins rumänische übersetzt. Bis heute sind Dichterinnen wichtig für die rumänische Literatur, das soll dokumentiert werden.

 

Ein Beispiel:

 

A fi Iubită

 

But, oh! the choice what heart can doubt,
Of tents with love, or thrones without?
(Thomas Moore)

 

Iulia Haşdeu

 

Înainte de 1888

 

 

Murişi, o, Beatrice, în floarea vîrstei sfinte...
Cu dragostea-i poetul te-a însufleţit;
Prin versurile sale ne stă mereu în minte
Imaginea ta dulce, căci Dante te-a iubit.

 

 

Ţi-a fost, o, Eloise, fatală dimineaţa.
De Abelard iubită, fu sincer dragu-ţi crez,
Şi - crin în mînăstire - sfîrşitu-ţi-ai viaţa...
Dar, ca pe Beatrice, eu te invidiez.

 

 

Tu-l plîngi pe Cid, Ximena, fiindcă, aspră, soarta
Potrivnică îţi eşte şi nu-l mai poţi vedea.
El te-a iubit... Iubirea învinge chiar şi moartea;
De-aceea-ntotdeauna eu te voi învia!

 

 

Ah, să te ştii iubită! Ce sfîntă fericire!
Să plîngi atunci îţi vine, dar lacrime cereşti!
Să mori iubind!... Ah, moarte de har şi norocire.
Cînd mori în nimb de soare, ca-n el să retrăieşti!...


 

 

Geliebt werden

 

But, oh! the choice what heart can doubt,
Of tents with love, or thrones without?
(Thomas Moore)

 

Iulia Haşdeu

 

Vor 1888

 

 

Du starbst, Oh, Beatrice, in der Blüte deiner heiligen Jugend…
mit seiner Liebe hat der Dichter dich belebt;
durch seine Verse bleibt uns immer im Sinn
dein sanftes Bild, denn Dante hat dich geliebt.

 

 

Dir ist gewesen, Oh, Eloise, ein schicksalshafter Morgen.
Von Abelard geliebt, wurde wahrhaftig deine Liebe dir Glaube,
Und – Lilie im Kloster – hast du dein Leben beendet...
Aber, wie bei Beatrice, ich beneide dich.

 

 

Du weinst um Cid, Ximena, weil, grob, das Schicksal
ist gegen dich und du kannst ihn nicht sehen.
Er hat dich geliebt...Die Liebe besiegt sogar den Tod;
deshalb werde ich dich immer auferwecken!

 

 

Ah, dich geliebt zu wissen! Welch heiliges Glück!
Dann weinen wenn es dir kommt, aber himmlische Tränen!
Liebend sterben!... Ah, Tod der Gnade und Beglückung.
Wenn du stirbst im Nimbus der Sonne, ist es wie wenn du noch einmal lebst!...

 

 

 

Ein anderes spannendes Thema ist das politische Selbstverständnis der Rumänen. Dies weist aktuell sicher Brüche auf und erfordert Neudefinitionen. Dabei ist auch Rumänien ein Kind der Nationalbewegung des 19. Jh. Dies dokumentiert das Gedicht von Eminescu „Ce-ţi doresc eu ţie”, dulce Românie von 1867. Hier war nach der Staatsgründung durch Vereinigung von Moldavien mit der Walachei 1859 sicher erst einmal eine Stärkung des Nationalstaats angesagt, da ja die Selbstständigkeit wegen der Tributzahlungen an die Türken noch nicht in Sicht war. Erstes Zeichen setzte im Jahr 1866 die Einsetzung des Prinzen Carol I als Fürsten von Rumänien. Mit diesem teilweise sehr pointiert vorgetragenen Patriotismus setzen sich in neuerer Zeit verschiedene Autoren auseinander, wie z.B. Camil Petrescu (Zeflemeaua) und Cornel Udrea. Zum Nationalgefühl haben auch die großen Volksballaden beigetragen, die vor allem von Vasile Alecsandri (Mioriţa, Monastierea Argeşului) quasi mit dem Prozess der Staatsbildung gesammelt und neu formuliert herausgegeben wurden.

 

 

Darüber hinaus sind hier ganz verschiedene Themen der Dichtkunst gesammelt. Erwähnenswert ist zum einen, dass auch viele Gedichte für Kinder von namhaften Autorinnen und Autoren geschrieben wurden und werden. Hierzu gehören zum Beispiel O Furnica, De pe-o „bună dimineaţă” und Elegiul candorii. Im Internet ist zu sehen, dass auch heute noch das Rezitieren von Gedichten eine gern gesehene Aufgabe für Kinder ist. Das führt sogar dazu, dass noch im Hochstuhl sitzende Kinder zum Aufsagen des Luceafarul trainiert werden.

 

Die Verbindung der Dichtkunst mit der Unterhaltungsmusik fällt zum anderen immer wieder auf. Viele Gedichte sind von Sängerinnen und Sängern in Lieder umgesetzt worden, andererseits sind die Botschaften der musikalischen Künstler und Künstlerinnen auch politisch interessant. So sind auch hier wieder einige Liedtexte dabei, besonders von der Formation Taxi mit ihrem Sänger Dan Teodorescu (Strada mea c-un singur bec, Subtitrarea la români). Bei Adrian Păunescu waren die Texte sowieso häufig von Anfang an beides, er bediente alle Themen des Lebens.

 

 

Wie beim ersten Band hat Dan Rusu maßgeblich zum Gelingen beigetragen. Vielen Dank für die vielen Hilfestellungen und Anregungen sowie schließlich die gemeinsame Schlußkorrektur. Bewundernswert ist vor allem seine Geduld, da mir immer noch zu wenig Zeit gegeben ist, das rumänische ordentlich zu lernen. Vielleicht kommt ja noch einmal ein Zeit- und Energieschub, um hier wirklich weiter zu kommen. Das Titelbild hat Dan diesmal gestaltet. Hier gibt es schon eine Tradition, da er das schon für Cornel Udrea einmal gemacht hat.

 

 

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