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Segeln rund Rügen

So als Jollensegler wollte ich mal erfahren, wie das Segeln mit einer Yacht ist und ob noch ein SKS-Schein angedacht werden sollte. Nachdem ich auf der Boot in Düsseldorf die Fahrtenanbieter besucht hatte, war das Angebot von Mola in Breege dasjenige, das am interessantesten schien. Also hatte ich eine einwöchige Segeltour mit Skipper gebucht. Angekündigt waren insgesamt acht Personen auf dem Boot. Wir hatten dann noch gleichzeitig und eine Woche länger eine Ferienwohnung in Breege belegt.

 

Ankunftstag 27.6.2020

 

Da ich mit Frau, Tochter und Enkelkind gereist war, hatten wir auf der Hinfahrt noch einen Zwischenstopp in Bispingen / Lüneburger Heide eingelegt. Trotz relativ frühen Losfahrens gerieten wir in mehrere ferienbedingte Staus, auch auf der A20, wo wir doch wenig Verkehr erwartet hatten. Der Sammelzeitpunkt von 14:00 Uhr in Breege war bei unserer Ankunft dann deutlich überschritten. Am Breeger Hafen war viel los, wir belegten den letzten Parkplatz. Nach etwas Corona-bedingtem Schlangestehen an der Anmeldung bekam ich dann das Schiff „Emma“ mit Skipper Wolfgang zugeteilt. Also Gepäck geschnappt und nebst weiblicher Begleitung zum Schiff. Dort wurde ich dann von Skipper Wolfgang und den schon anwesenden Crewteilnehmerinnen Silvia und Sonja begrüßt. Die hatten schon ihre Kabinen ausgesucht – First come first serve - . Es stellte sich heraus, dass nur vier zahlende Crewmitglieder geplant waren, jeder hatte also eine Kabine, da das Schiff luxuriöse fünf Kabinen hatte. Wolfgang hatte ein paar Zutaten zum Kochen mitgebracht und fing an diese auszupacken. Kurze Zeit später erhielt er eine telefonische Order, ein anderes Schiff als Ausbilder zu führen. Hat geflucht wie ein – wie sagt man – Kesselflicker - . Also hat er seine Sachen wieder eingepackt und sich verabschiedet. Der Ersatzskipper sollte dann irgendwann kommen. Später kam dann noch Uli, so dass die Crew vollständig war. Wir „Jungs“ hatten dann unsere Kabinen belegt. Da drei Toiletten an Bord waren, wurden die gruppenmäßig aufgeteilt, eine für die Mädels, eine für die Jungs und eine für das Skipperehepaar. Die hatten später die Funktionsweise erläutert, es funktioniert alles mit Handpumpen. Toilettenpapier sollte möglichst nicht in die Toilette, sondern in den Müll geworfen werden. Das „große Geschäft“ soll an Land erfolgen, um das Rohrsystem und natürlich das Meer nicht zu stark zu belasten. Da wir jeden Tag im Hafen waren, kein Problem. Anschließend wurde die Einkaufsliste aufgestellt, nach den lebensnotwendigen Lebensmitteln Bier, Gin, und Wasser auch ein paar Sachen zum Kochen – Wolfgang hatte „Spaghetti Bolognese“ in Aussicht gestellt. Silvia und Uli sind dann mit seinem Auto Einkaufen gefahren.

 

Später kam dann unser neuer Skipper Uwe mit seiner Frau Birgit. Die sind telefonisch aus einem Ausflug geholt worden. Sie bezogen die Skipperkajüte. Uwe und Birgit sind super erfahrene Segler, die schon Weltumseglungen und viele Törns weltweit hinter sich haben https://www.juba-sailing.de  Nicht nur von der Qualifikation her, sondern vor allem mit den Menschen hatten wir glaube ich das Königslos gezogen. 

 

Nach dem Einräumen der Lebensmittel haben wir dann beratschlagt. Wir wollten alle lange Schläge machen, so dass als Reiseziel Dänemark ins Auge gefasst wurde, weil Schweden Corona-bedingt nicht ging. Uwe hatte dann vorgeschlagen am Sonntag nach Kloster auf Hiddensee zu fahren, um von dort am Montag zu starten. Am Samstag wollte er nicht mehr weg, weil er meinte, dass auf Hiddensee so spät kein Platz im Hafen mehr frei ist. Also haben wir im Restaurant „zum alten Fischer“ erst mal zu Abend gegessen.

 

Ich wurde übrigens – ich weiß nicht warum – von Sonja zum Bordkassenwart vorgeschlagen, quasi bestimmt, dagegen gab es überraschenderweise keinen Widerspruch. Sie hatte auch gleich ein dazu passendes Portemonaie zur Verfügung. Alle Kosten, außer Essengehen, werden geteilt, auch die Skipperverpflegung gehört dazu.

 

Ich war übrigens der einzige ohne Yachtsegelerfahrung, Silvia und Uli haben den SKS, Sonja den „kleinen Segelschein“, da war ich mit dem Binnenschein quasi Laie. Alle anderen hatten schon Yachttörns hinter sich und einige Eintragungen im Meilenbuch, das ich natürlich noch nicht hatte und mir nach dem Törn besorgen konnte, damit der erste Eintrag erfolgt. Abends dann an Bord noch etwas Gin-Tonic getrunken. Silvia meinte, dass an Bord Gin-Tonic, Bier oder Wein getrunken werden müsste. Sie hatte eine Flasche Gin mitgebracht, und dann noch zwei aus Bordmitteln gekauft, weil diese so billig waren; so dass klar war, dass wir auf der Reise mindestens drei Kästen Bier, drei Flaschen Gin und vier Flaschen Wein bewältigen müssen.

2. Tag Breege – Kloster (Hiddensee) 28.6.2020

 

War um 6:20 Uhr wach. Erst mal geduscht und angezogen. Da wir am Abend mit Chips etc. in der Pflicht eine Sauerei veranstaltet haben, habe ich zu Besen und Schaufel gegriffen und erst mal gefegt. Viel später habe ich mir dann von Birgit einen Rüffel eingefahren. Ich hatte quasi über ihrem Kopf gefegt, das fand sie viel zu früh um geweckt zu werden.  Uli und ich haben Frühstück bereitet. Uli hat Rührei im Topf gemacht, da die Pfannen gesundheitsschädigend beschädigt waren, was dann leider zu erhöhtem Spülaufwand geführt hat. Wir haben – wie fast immer – draußen gefrühstückt. Danach gespült und aufgeräumt. Das morgendliche Ritual begann – abgesehen vom Kaffeekochen – um 7:45 Uhr mit Delta Papa 07, dem Seefunksender www.dp07.com . Der liest dann eine viertel Stunde lang die Seewetterinformationen von Bornholm bis Borkum vor. Die Betonung und Stimme ist darauf ausgelegt, auch bei schlechtem Empfang über Funk noch verstanden zu werden. Immer wieder ein Erlebnis.

 

Nachdem klar war, dass wir Wind von vorne bekommen, sind wir dann unter Motor von Breege nach Kloster gefahren, im Fahrwasser. Unser Schiff – eine Bavaria 51 – war so groß, dass bei ca. 2,0 m Tiefgang die Boddengewässer nur in einer schmalen Fahrrinne befahren werden können. Kreuzen ist da nicht möglich, so dass der Motor genutzt werden muss. Somit war der Tag ohne Segeln. Hier gab es erste Proteste weiblicherseits, dass nicht gesegelt werden konnte. Da half nur Gin. Nach dem Anlegen wurde – wie übrigens dann jeden Tag, ein „Anlegebier“ getrunken. Da an dem Tag die Reise kurz war, hatten wir Besichtigungszeit. Allerdings zog ein Gewitter mit vorheriger Schwüle auf. Birgit und Sonja gingen Schwimmen, Silvia und ich jeweils getrennt, Spazieren. Hier lernte ich die gute Qualität einer Segeljacke kennen, da kurz nach dem Verlassen des Schiffs das Gewitter niederging. Habe dann auf dem Rundgang durch Kloster die Dorfkirche mit dem Rosenhimmel, das Gerhard-Hauptmann-Haus, das Grab von Hauptmann und den Strand an der Ostsee gesehen. Der Ortsname Kloster kommt übrigens von einem ehemaligen Zisterzienserkloster am Standort, von dem aber nur noch archäologische Reste zu sehen sind.

 

Abends  dann im Lokal „ Hittim“ gegessen. Habe eingelegten Fisch „Pfefferhering“mit Beilagen gehabt. Kann man nicht häufig essen, wegen des hohen Säuregehalts. Nach der Legende war Hittim ein normannischer König. Dieser hat seinem Widersacher Thorbjörn die Königstochter Hilde weggeschnappt. Thorbjörn hat dann dem Vater von Hilde, König Högin, Schauergeschichten über Hittim erzählt, so dass dieser in den Krieg gegen Hittim zog. Das Duell der Könige wurde dann durch Hilde unterbrochen, die versicherte, dass die Schauergeschichten von Entehrung etc. nicht stimmten. Fünf Jahre später zog Högin wieder in den Krieg. Das Königsduell endete mit beidseitigem Tod. Noch lange zogen die Kontrahenten um den Kampfplatz, der später zu Hiddensee umbenannt wurde…

 

In Kloster klärte sich dann, dass auch Dänemark nicht in Frage kommt, weil die Dänen Corona-bedingt oder einfach geschäftstüchtig, die Einfahrt in ihre Häfen nur denen erlaubten, die mindestens sechs Tage lang dänische Häfen besuchen. Diese mussten vorher gebucht werden. Da wir das nicht wollten, bzw. konnten, haben wir dann doch die Tour „Rund Rügen“ gewählt. Wir fahren im Uhrzeigersinn.

 

In Kloster und auch einige Male später war ich dazu, neben der Anmeldung des Schiffs beim Hafenmeister und Bezahlen der Liegegebühr sowie der Kurtaxe, dazu bestimmt, den Stromanschluss am Hafen herzustellen. Hier beim ersten Mal ging gleich alles schief. Trotz Beschaffung eines Adapters kam kein Strom. Uwe hat dann zunächst den Nachbarn angezapft. Später hat er dann den Adapter auseinandergenommen und ein lockeres Kabel festgestellt und repariert. So konnten wir dem Hafenmeister etwas Gutes tun.  

 

 

3. Tag Kloster – Glowe 29.6.2020

 

Der Wetterbericht zeigte starken Wind, 5-6 Beaufort mit Gewitter an. Wir konnten uns also auf einen spannenden Tag einrichten. Nach einer schönen Fahrt unter Segel mit viel Wind rund um Kap Arkona wurde dann klar, dass ein Gewitter bevorstand. Es erging dann der Befehl, die Regenkleidung anzulegen, also Regenhose und –jacke, ich habe noch die Gummistiefel angezogen. Das Gewitter kam dann auch kurz vor dem Hafen von Glowe, sehr heftig und mit sehr viel Regen. Wir sind aber durchgefahren, dank Skipper. Für den Hafen von Glowe waren wir so groß, dass wir nur an der Längsmole festmachen konnten.  Hier trafen unsere Skipper alte Freunde, die dann mit uns das Anlegerbier getrunken haben, wegen des Wetters aber unter Deck.

 

Das Tiefdruckgebiet hieß übrigens Sylvia. Damit hatten wir eine ganze Woche lang Spaß, unser Crewmitglied Silvia für das Wetter verantwortlich zu machen. Einen Grund gibt es immer, entweder für den Regen und das Gewitter, für zu starken Wind oder im Zweifel für Wind aus der falschen Richtung. Glück hatten wir Männer, da dargelegt werden konnte, dass die Männer- und Frauennahmen für Tiefdruckgebiete jährlich wechseln (www.met.fu-berlin.de/wetterpate ). Sonst wäre ja die feministische Entrüstung fällig gewesen…

 

In Glowe wurde im Restaurant zur Schaabe gegessen, da der Ort ja am Südende des Schaabe genannten langen Sandstrands liegt. Am Nordende liegt Juliusruh, zu dem auch Breege gehört. Das Restaurant kann empfohlen werden. Der Skipper hat einen Tag Pause angeordnet, da für den nächsten Tag sehr viel Wind angesagt war, bei dem er mit uns nicht segeln wollte. Vor allem An- und Ablegemanöver scheinen bei viel Wind sehr riskant zu sein. Neben dem Strom war ich diesmal auch fürs Wassertanken verantwortlich. Erstaunlich, dass auch dies einfach ist, Schlauch anschließen wie Gartenschlauch, in den Tank halten, warten bis er fast überläuft, ausstellen, fertig.

 

4. Tag Glowe, Ausflug Sassnitz, 30.6.2020

 

Wie sagte Uwe: Individuelle Freizeitgestaltung. Glowe selbst bietet nicht viel Besichtigungsmaterial, so dass ich dann wegen der Busabfahrtszeiten den Entschluss fasste, nach Sassnitz zu fahren, ohne die weiteren Entscheidungsprozesse in der Crew abzuwarten. Mit dem Bus fuhr man dann etwa eine halbe Stunde oberhalb der Kreidefelsen vorbei durch eine ruhige Landschaft mit viel Wald. In Sassnitz angekommen lernte ich als erstes, dass „Sassnitz Mitte“ nicht Sassnitz-Altstadt ist. Sassnitz Mitte besteht aus einem Einkaufszentrum, einem großen Platz, dem Bahnhof und dem Busbahnhof sowie einem alten Hotel-Hochhaus. Von dort geht eine Fußgängerbrücke zum Hafen, die allerdings sehr sehenswert ist. Die einseitig aufgehängte Hängebrücke überwindet seit 2007 einen Höhenunterschied von 22 m. Sie wurde vom Konstruktionspapst Schlaich, Bergermann und Partner konstruiert (sbp.de/projekt/fussgaengerbruecke-sassnitz/). Man kommt dann am ehemaligen Hafenbahnhof raus. Hier gab es im 19. Jh. bis ins 20. hinein eine Eisenbahnfähre nach Schweden. Die Verladestelle ist noch, einschließlich Schienen, sichtbar. Später, in der DDR-Zeit, wurde dann der Fährbetrieb 1986 nach Mukran   verlegt, da das Anfahren mit der Bahn in Sassnitz, auch wegen des Höhenunterschieds, doch umständlich und mühsam ist.

 

Der Hafen ist, da hier noch Fischerei betrieben wird, lebendig, es gibt Boote, auf denen der Fisch direkt verarbeitet und gegessen wird. Habe dort Fish and Chips nebst Bierchen zu mir genommen. Im Fischereihafen können die sehr aufdringlichen Möven beobachtet werden, die der Erzählung nach schon mal einem Fischbrötchen-essenden Touristen den Fisch aus der Hand wegschnappen. Im Hafen liegt auch ein englisches U-Boot, das besichtigt werden kann. In jüngster Zeit hat man die Promenade zur Altstadt neu gestaltet und gesichert. Von dort geht es dann zur Altstadt, die schön hergerichtet ist, nur wohnen tut dort wahrscheinlich kaum noch jemand. Die Bäderarchitektur der Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen ist schön und dominant, aber insgesamt ist die Altstadt klein, 10 min. reichen zur Besichtigung. Am Kurpark, der eine erweiterte Promenade ist, wartet dann ein weiteres architektonisches Highlight, die Konzertmuschel.  Nachdem man in der Zwischenkriegszeit und danach den historischen Pavillon aus dem Beginn des 20. Jh. vernachlässigt hatte, wurde 1988 ein neuer Pavillon fertig gestellt. Konstruiert wurde er vom Schalenbeton-Spezialisten Ulrich Müther (von dem ist auch die Gaststätte Ahornblatt in Berlin, aber auch ein Restaurant in Glowe, das ich aber nur von weitem gesehen hatte). Der Bau gilt heute als Ikone der „Ostmoderne“ (Wikipedia). Für mich ist das eines der bedeutendsten Bauwerke auf Rügen. Nach der Sanierung ist das Ensemble auch durch die Farbgebung sehr imposant. Nur finden dort offensichtlich nicht mehr so viele Konzerte statt, da die Freifläche davor nicht in so gutem Zustand ist.

 

Zurück auf dem Boot wurde heute mal gekocht, Uli hat seine Version von Spaghetti Bolognese aufgesetzt. Die ist – wegen des integrierten Gemüseschneidens etc. – etwas aufwändiger als normal, aber es lohnt sich. Ab jetzt gibt es nur noch die Bolognese á la Uli. Wichtig sind „würfelförmig“ (Silvia: kleiner als 0,5 cm Kantenlänge!) geschnittene Paprika, Staudensellerie, Zwiebeln.  

 

Wir haben dann überlegt, nicht direkt Richtung Stralsund zu fahren, sondern einen längeren Schlag nach Greifswald zu machen. Greifswald liegt nicht direkt am Meer und hat daher einen eigenen kleinen Hafenort.

 

6. Tag Glowe Greifswald, 1.7.2020

 

Ein schöner Tag unter Segel, nur die längere Hafeneinfahrt nach Greifswald musste unter Motor ablaufen. So langsam habe ich als Yacht-Laie die wichtigsten Handgriffe gelernt oder zumindest verstanden. Uwe hat mir die Darstellungen des Kartenplotters erklärt, nach der man fährt, sofern man nicht ausreichend weit sieht, der Abgleich zwischen Karte und Wirklichkeit ist sehr hilfreich. Unterstützt wird das natürlich durch ein Radar. Bei schlechtem Wetter muss man dann nur nach Kartenplotter fahren, allerdings sieht man bei Regen dort auch nur bedingt etwas, man muss schon geübt sein.

 

Die Tour ging an den Kreidefelsen vorbei, anschließend sah man die berühmten Seebäder Sellin, Baabe, Gören. Binz und Prora waren zu weit weg, um etwas sehen zu können.

 

Der Hafen von Greifswald besteht aus dem Kanal, der nach Greifswald führt. Links und rechts kann man anlegen. Dort gibt es eine Holz-Klappbrücke, die nach altem Vorbild neu gebaut wurde. Sie ist sogar in Ausnahmefällen durch Pkw befahrbar. Dies wird durch versenkbare Poller gesichert. Das Hafenmeisterbüro war bei Ankunft nicht besetzt. Also musste erst mal der Dusch-Code besorgt werden. Der Hafen ist sehr schön und gut saniert. Dort liegt das Schiff „Greif“, das früher das Segelschulschiff der DDR war, also quasi die Schwester von der Gorch Fock. Leider geht es der Greif noch schlechter als der Gorch Fock, weil offensichtlich gar kein Geld für die Sanierung zur Verfügung steht.

 

Abends noch mal Essen gegangen, in einer Gaststätte mit sehr umgänglichem Kellner. Als Absacker erst mal eine Linie… Hier ist mal Gelegenheit, die Zusammensetzung des Teams näher zu betrachten. Die Vorstellungsrunde am ersten Tag ergab, dass hauptsächlich der Bau- und der Ausbildungssektor vertreten waren. Uwe ist Bauingenieur, der noch als Bauleiter freiberuflich arbeitet. Früher hatte er eine Baufirma, hat dann aber beschlossen hauptsächlich zu segeln und ergänzend als Bauleiter zu arbeiten. Silvia ist in einer Firma, die Bauteile wie Lichtkuppeln etc. herstellt, Bauzeichnerin. Birgit und Sonja sind bzw. waren Lehrerinnen. Sonja hat zwischenzeitlich kunstgewerbliche Artikel, teilweise aus eigener Herstellung verkauft, ist aber später wieder in den Bildungssektor zurückgekehrt. Uli war Bankangestellter. Wie hat er sich vorgestellt: „Ich bin Banker, manche sagen auch Bankster. Wir haben dann alle Vorurteile gegen Banker aufgefahren, die er gerne bestätigt hat. Auch dieses Thema durchzog die ganze Woche. Immer wenn etwas schief gegangen war, woran er beteiligt war, wie etwa ein kaputtes Weinglas, sagte er: „Jeder ist für etwas gut, und sei es als schlechtes Beispiel“. Wir haben das natürlich gerne angenommen.

 

Von Anfang an hatte Silvia Klage geführt, dass die Crew nicht, wie von ihr gewünscht, aus gleichaltrigen vorzugsweise Männern bestand. Hier hat sich Mola wohl nicht ganz korrekt verhalten. Aber auch ich konnte vorher keine Auskunft über die Crewzusammensetzung und deren Alter erhalten. Warum das geheim ist, lässt sich nicht ergründen. So musste Silvia sich mit uns, durchgehend deutlich Älteren abfinden, außerdem waren, den Skipper abgezogen, nur zwei Männer an Bord. Sie war mit 41 Jahren die Jüngste, Uwe wohl mit Mitte 60 der älteste. Der Altersdurchschnitt dürfte so etwa bei knapp unter 60 gelegen haben.

 

GmbH= Geh‘ mal Bier holen

 

6. Tag Greifswald Barhöft 2.7.2020

 

An diesem Tag stand die Passage durch den Greifswalder Bodden , den Strelasund und das Prohner Wiek auf dem Programm. Nach der Passage durch die Einfahrt des Greifswalder Hafens unter Motor konnten wir für eine kurze Strecke segeln. Dann allerdings ging es in den Strelasund, der wieder eine schmale Fahrrinne hatte, dummerweise wieder Wind von vorn. Da das Kreuzen in der Fahrrinne mit dem großen Schiff nicht möglich ist, wurde der Motor angeworfen. Die spannende Frage war, ob wir die Passage des Rügendamms rechtzeitig erwischen. Alle Schiffe müssen die Klappbrücke passieren. Schon früh war klar, dass wir die Öffnung um 12:20 Uhr nicht schaffen, also wurde diejenige um 15:20 Uhr angepeilt. Weil wir demzufolge spät im Hafen Barhöft ankommen würden, war das das einzige Mal, dass der Skipper uns per Telefon am Hafen angemeldet hat. Sonst sind wir immer eingelaufen und haben nach einem Liegeplatz Ausschau gehalten, wie bei einem normalen Parkplatz.

 

Vor dem Rügendamm mussten wir dann etwa eine Stunde warten. Leider ist hier für größere Segelschiffe kein Liegeplatz vorbereitet. Beim Kreisen im Hafenbecken sind wir dann tatsächlich einmal kurz auf Grund gelaufen, weil wir aber geringe Geschwindigkeit hatten und Uwe schnell den Rückwärtsgang eingelegt hatte, sind wir wieder freigekommen. Schließlich haben wir am Industriehafen direkt neben der Sandverladung angelegt. Dann um 15:20 Uhr ging es los. Inzwischen hatten ca. 20 Schiffe auf jeder Seite gewartet. Langsam hob sich die Straßen- und die Eisenbahnbrücke. Es kam jetzt drauf an, wer zuerst fahren darf. Wir haben den kürzeren gezogen, mussten also die Gegenrichtung zuerst durchlassen. Da diese den Wind von achtern hatten, konnten die teilweise segeln. Dann kamen wir dran und nach der Passage der Klappbrücke fuhren wir unter der neuen Rügendammbrücke durch und schließlich am Stralsunder Panorama vorbei. Die historische Stadtansicht vom Wasser aus wurde ergänzt durch das neue Ozeaneum, was wie ein gestrandeter Dampfer in der Stadt liegt. An Bord haben wir darüber diskutiert, ob das gut und schön oder einfach fehl am Platze ist. Also die klassische Architekturdiskussion, Freigeister gegen Traditionsbewusste.

 

Dann weiter unter Motor bis Barhöft, das wir gegen 17:00 Uhr erreicht haben. Uwe hatte einen bestimmten Liegeplatz bestellt, den wir auch bekommen haben. Der Hafen ist sehr idyllisch, außer den Hafengebäuden gibt es noch einen „Tante-Emma-Laden“ und ein Hotel-Restaurant. Heute haben wir endlich den von Uwe schon lange ersehnten Matjes-Hering bekommen und mit Pellkartoffeln und Butter gegessen. Als Vorspeise gab es als Resteverwertung Spaghetti Carbonara. Hier ging eine intensive Diskussion mit Uli voraus, ich habe mich heftig gegen die Verwendung von Sahne gewehrt, da die Italiener definitiv keine Sahne verwenden. Da ich gekocht habe und sowieso keine Sahne vor Ort war, gab es die original italienischen Spaghetti Carbonara, nur mit Schinken statt mit Speck. War trotzdem annehmbar. Vorher hat Uwe noch „individuelle Freizeitgestaltung“ ausgerufen, die ich zu einem Spaziergang zum Aussichtsturm genutzt habe.

 

Hier zeigte sich die mecklenburger Gastfreundschaft von der schlechten Seite. Der Turm war schön und mit Trauzimmer in luftiger Höhe. Bewacht wurde er von einer Drehtür, die nur mit einem 1-Euro-Stück zum Öffnen zu bewegen war. Kein Wechselgeld. Nebenan das Ausflugslokal hatte Corona-bedingt geschlossen. An der Tür ein Schild „kein Wechselgeld“. Da lassen die einen vom Hafen bis zum Turm laufen und dann kommt man nicht rein, nur weil man nicht adäquat mit Kleingeld bestückt ist. Also kurzerhand die Drehtür überklettert, man ist ja beweglich. Von Oben einen schönen Ausblick über das Naturschutzgebiet und den Bodden, der übrigens von drei Menschen mit Rotwein geteilt wurde. Nach dem Essen habe ich bei anbrechender Dunkelheit Silvia zu gleichem Ziel escortiert und allerdings auch zum Klettern animiert, ohne zu fragen, ob sie ein 1-Euro-Stück hätte. Wie sage sie: Da muss ich dann mit drei Gin-Tonic intus noch klettern... Der Ausblick hat aber wohl entschädigt. Im Dunklen wieder zurück und noch etwas dem Gin zugesprochen.

 

7. Tag Barhöft Breege 3.7.2020

 

Nach der Hafenausfahrt unter Motor konnten wir Segel setzen und westlich von Hiddensee vorbeisegeln. Meistens hart am Wind bis raumschots. Es war schon eine Kunst mit wenig Fahrtverlust und Umweg an den Hiddenseer Klippen vorbeizukommen. Man lernt viel. Hatte auch wieder viel Zeit am Steuer unter Segel. Nachdem Hiddensee im Westen umrundet war, sind wir wieder in die Fahrrinne eingefahren. Teilweise dann wieder unter Motor, aber einen großen Teil im Bodden sind wir tatsächlich – im Gegensatz zur Hinfahrt – gesegelt.  

 

Spannend war dann noch das Tanken. Man musste an der Kaimauer in Breege anlegen. Das Manöver geriet dann etwas außer Kontrolle. Silvia wollte ihren schönen beidarmigen Segeltauwurf – Namen vergessen – demonstrieren. Dies ging dann leider mehrfach schief, so dass von einer Person am Ufer geholfen werden musste. Silvia hat sich dann erst mal etwas versteckt. Das Tanken war unspektakulär, wie beim Auto. Aufregend waren dann der Preis und damit die Tankmenge, die wir deutlich niedriger eingeschätzt hatten. Also musste die Bordkasse noch mal aufgestockt werden.

 

Nach dem Festmachen wieder ein – fast letztes – Festmacherbier getrunken. Da wir noch viel Zeit hatten, wurden noch mehrere Biere nachgeordert, wir waren ja am Hafen. Außerdem musste noch der Rest Gin verputzt werden. Wir hatten dann Besuch von Kassandra und Charlotte, die uns dann eine Weile Gesellschaft leisteten. Die Gespräche gingen über alles Mögliche. Uli hatte Silvia angeboten, sie am Samstag mit dem Auto ein Stück mitzunehmen. Die Antwort kam verneinend prompt mit dem Argument: „Ich will doch den Urlaub bis zum letzten Tag genießen“. Das konnte dann beliebig ausgelegt werden. Tatsächlich hat sie sich dann am Samstag doch mitnehmen lassen, aber wahrscheinlich nur bis Bergen. Nachdem Kassandra weg war, hatten wir noch Besuch von Corinna, die aber Corona-bedingt nicht gut auf uns zu sprechen war, weil natürlich an Bord die Abstandsregeln nicht vollständig eingehalten werden können. Im Übrigen hat Uwe einige Corona-Regeln eingeführt, die wir nach Möglichkeit auch eingehalten haben, aber bei der gegebenen Raumknappheit geht eben nicht alles. Nach einiger Zeit an Bord kam Corinna aber auch ganz gut mit uns zurecht. Musste sie auch, weil ich angekündigt hatte, die Nacht doch in der Ferienwohnung und nicht an Bord zu verbringen.

 

Vom Skipperehepaar haben wir uns dann mit einem Abendessen im Restaurant „zum alten Fischer“ bedankt und verabschiedet. Da wir hier auch das erste Mal gegessen haben, war das ein schöner Ringschluss. Wir fahren mit Uwe und Birgit bestimmt noch mal. Die mussten dann noch schnell nach Hause, da am Samstag der nächste Törn für sie anstand. Anschließend habe ich dann meine Sachen gepackt und bin in die Ferienwohnung gezogen.

 

8. Tag Breege 4.7.2020

 

Morgens stand dann noch das Aufräumen auf dem Programm. Das Schiff musste leer verlassen werden. Da wir vieles von der Proviantierung nicht gegessen oder getrunken hatten (außer dem Alkohol), wurde dies weitgehend verteilt. Uli nahm die angebrochenen Lebensmittel, ich ein paar Wasserflaschen, Aufbackbrötchen und Zwiebeln. Silvia nahm wegen des Bahntransports nichts mit und Sonja einiges, was sie im Wohnmobil noch brauchen konnte. Der Rest wurde weggeschmissen bzw. ein Care-Paket mit Toilettenpapier etc.  für das Schiff „Tanja D“ gemacht, das ja von Uwe mittags wieder übernommen werden sollte. Uli hat dann auch das Leergut übernommen und uns mit dem Geld schon mal auf einen Drink eingeladen. Mal sehen, ob es dazu kommt…

 

Gegen 10:00 Uhr haben wir uns dann verabschiedet. Silvia ist mit Uli im Auto weggefahren, Sonja hatte noch zwei Nächte in der Pension gebucht und wollte ihr altes Schiff, das sie dem Segelverein Breege geschenkt hatte, besuchen, und ich bin zur Ferienwohnung, um noch eine Woche hier zu bleiben…

 

Alles in allem: Eine glückliche Zeit, vielen Dank allen Beteiligten.

 

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